Freie Trainee-Stelle - aber keine Bewerber durch fehlerhafte eRecruiting-Software

Ja, wo bleiben denn die Bewerber?Wie wichtig eine IT-Haftpflichtversicherung ist, wird oft erst im Schadenfall ganz deutlich. Durch den Einsatz einer fehlerhaften Software entstehen schnell Vermögensschäden, die zu Schadenersatzansprüchen beim IT-Dienstleister führen, wie der folgende Praxisfall zeigt: Großunternehmen gehen bei der Stellensuche immer häufiger den Weg, potentielle neue Mitarbeiter über das Internet zu suchen.

Einige Softwarefirmen haben sich in der Zwischenzeit darauf spezialisiert, das sogenannte eRecruiting als Unterstützung zur Personalbeschaffung zu entwickeln, einzurichten und zu verwalten. Ein effektives eRecruiting-System bildet den gesamten Recruiting-Workflow ab und umfasst die Stellenausschreibung und die gesamte Kommunikation zwischen Unternehmen und Bewerber bis zum Abschluss der Bewerbung. Durch ein webbasiertes System können auf einfache Weise bei verschiedenen Jobbörsen (Monster, Jobpilot, Jobscout24, etc.) oder Social-Media-Plattformen (Xing, Facebook, etc.) Stellenanzeigen im Corporate Design veröffentlicht werden. Auf diesem Weg lassen sich kostengünstig die qualifizierten Bewerbungen herausfiltern.

Schadenhergang

Ein großer Arzneimittelhersteller verwendete die eRecruiting-Software unseres IT-Experten seit vielen Jahren. Für eine freie Trainee-Stelle sollte über das Bewerbermanagementsystem ein geeigneter Kandidat gesucht werden. Der Pharmahersteller richtete, wie gewohnt, das Anforderungsprofil ein. Als über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten anscheinend nicht genügend Bewerbungen eingingen, um eine Personalentscheidung zu treffen, schaltete der Arzneimittelkonzern auf klassischem Wege Stellenanzeigen in überregionalen Printmedien. Die zusätzlichen Aufwendungen für das separate Anzeigenbudget beliefen sich auf knapp 15.000 €. Die Maßnahme war erforderlich geworden, da die Frist für Besetzung der Trainee-Stelle bald endete.

Erst im Rahmen der Implementierung eines Updates beim Pharmakunden, berichtete dieser dem IT-Software-Experten über den mangelhaften Bewerberzulauf auf die freie Trainee-Stelle. Der Software-Experte stellte sehr schnell fest, dass zwar genügend Bewerbungen für die Stelle eingegangen waren und die neuen Bewerberdaten auch ordnungsgemäß in der Datenbank gespeichert wurden, aber durch einen Fehler im Software-System auf der sichtbaren eRecruiting-Oberfläche der Software nur teilweise „aufpoppten". Der IT-Dienstleister korrigierte den Anzeigefehler und stellte die Benachrichtigungsfunktion zu den bereits gespeicherten Bewerbern für den Kunden wieder her. Leider konnten diese Bewerbungen nicht mehr berücksichtigt werden, da die Trainee-Stelle bereits mit einem Bewerber auf die Ausschreibung in den Printmedien besetzt worden war.

Da es sich um eine Fehlfunktion in der Software handelte, machte der Pharmahersteller daraufhin die zusätzlichen Aufwendungen für die Print-Anzeigen in Höhe von 15.000 € geltend.

Die Schadenregulierung

Der IT-Haftpflichtversicherer regulierte den beschriebenen Schaden in voller Höhe. Für die Schadenregulierung benötigte die Versicherungsgesellschaft lediglich den Nachweis der Anzeigenkosten und eine kurze Schadenschilderung. Daraufhin erfolgte die Regulierung des Schadens innerhalb von zwei Arbeitstagen.

Fazit

Der Software-Experte war froh, dass durch eine schnelle vollständige Schadenregulierung die Kundenverbindung bis zum heutigen Tage erhalten blieb. Fehlfunktionen in einem Software-Programm kommen immer wieder vor, auch wenn vor Freigabe ordnungsgemäß Tests, Wartung und Pflege von neuen Applikationen durchgeführt werden.

Die Schadenersatzansprüche waren zwar für den IT-Experten keine Existenzbedrohung. Wäre die Anzeigenkampagne jedoch über einen noch längeren Zeitraum und ggf. für eine leitende Stelle bestimmt gewesen, hätten hier leicht auch Schadenersatzansprüche von 100.000 € und mehr entstehen können.

Der IT-Experte hatte beim Abschluss für seine IT-Haftpflichtversicherung darauf geachtet, dass insbesondere die Ausschlüsse Erprobungs- oder Experimentierklausel sowie Klauseln für unterlassene Wartung und Pflege keine Gültigkeit in seinen Versicherungsbedingungen hatten. Wären diese Klauseln in den Versicherungsbedingungen ausgeschlossen gewesen - wie es bei vielen Versicherern der Fall ist - wäre der Schaden nicht von der Haftpflichtversicherung reguliert worden.

 

Der Autor behält sich alle Rechte am Artikel vor.
© Dipl.-Kfm. Manfred Vosseler

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